Rückblick POLYPROBLEM Camp 2025

 

16 Sessions bei POLYPROBLEM-Barcamp erzeugen Aufbruchstimmung

Wie kann eine nachhaltige Zukunft mit Kunststoff gelingen? Diese Frage stand im Mittelpunkt unseres ersten POLYPROBLEM Camps „Neue Narrative für die Kunststoffwende“ in Frankfurt, das Expert:innen aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft in Frankfurt zusammengebrachte. Das Ziel war es, neue Ansätze für einen verantwortungsvollen Umgang mit Kunststoff zu entwickeln – jenseits von einfachen Schuldzuweisungen oder moralischen Appellen.

Anstelle klassischer Vorträge setzte das Treffen auf das offene Format eines Barcamps. Hierbei bestimmen die Teilnehmenden selbst, worüber gesprochen wird. In insgesamt 16 Sessions in drei Runden entstanden lebhafte Diskussionen über Mehrwegsysteme, Recyclingmethoden, Produktdesigns, aber auch über gesellschaftliche Narrative, die den Wandel behindern oder beflügeln können. Die Themen reichten von Kreislaufwirtschaft und Recyclingquoten bis zu sozialem Engagement und Kommunikation. Deutlich wurde: Technische Innovationen allein genügen nicht – entscheidend ist, wie Menschen überzeugt und Strukturen verändert werden können.

Hier geht es zur Übersicht über die 16 Sessions.

Einige Beispiele

Das Projekt „Less Waste – more Engagement“ zeigt, wie Nachhaltigkeit in migrantisch geprägten Stadtteilen gelingen kann. Durch muttersprachliche Coachings und humorvolle Kampagnen gelingt es, lokale Unternehmer:innen für die Plastikvermeidung zu gewinnen. Die Stofftaschen mit dem Aufdruck „Less Waste – more Steindamm“ sind dort inzwischen Symbol einer Bewegung, die Umweltbewusstsein mit Gemeinschaft verbindet.

Auch wirtschaftliche Anreize wurden beim Barcamp diskutiert. In einer Session präsentierte Thinking Circular die Idee sogenannter „Buy-in Tariffs“ – Einspeisevergütungen für Rezyklate, ähnlich wie bei Ökostrom. Damit soll der Einsatz von Recyklaten rentabler werden und der Markt unabhängiger von schwankenden Rohölpreisen agieren können.

Währenddessen stellte Pro Ocean mit dem „Archive of Trash“ ein digitales Müllarchiv vor, das Mülltrennung spielerisch vermittelt. Besucher können Abfälle scannen, sortieren und als Teil eines Citizen-Science-Projekts zu einem wachsenden Wissensarchiv beitragen. Schulen und Vereine nutzen das Format bereits, um junge Menschen für Umweltthemen zu begeistern.

Lokale Initiativen wie der Frankfurter „Taschen-Tausch“ zeigten, wie Wiederverwendung alltagstauglich werden kann. In der Mainmetropole existieren seit 2017 Tauschstationen für Einkaufstaschen. Jetzt entsteht ein modularer, per 3D-Druck herstellbarer Open-Source-Bausatz, der bundesweit verbreitet werden soll. Bibliotheken, Jugendzentren und Schulen könnten künftig als Partner dienen.

Auch globale Perspektiven kamen zur Sprache. Projekte wie „Buy Food with Plastic“ in Ghana, Nicaragua und Indien tauschen Plastikflaschen gegen Mahlzeiten – eine einfache, aber wirkungsvolle Idee, die Bildung und Recycling verbindet. In einem weiteren Beispiel aus Bangladesch und Indien arbeitet die Initiative Regenerate Sundarbans daran, in den Mangrovenwäldern Müllvermeidung, Aufforstung und Armutsbekämpfung zu verbinden.

Doch nicht nur Umweltfragen, auch Kommunikation spielte eine Rolle. In mehreren Sessions wurde deutlich, dass Schuldzuweisungen selten wirksam sind. Erfolgreiche Projekte setzen auf Positivität und gemeinsames Lernen. Wie es Nicole Bendsen in ihrer Diskussionsrunde formulierte: „Nachhaltigkeit darf nicht mit Verzicht beginnen, sondern mit Begeisterung.“

Das POLYPROBLEM Camp, initiiert von der Röchling Stiftung und Wider Sense in Kooperation mit der Stiftung Bürgermut, bot damit weit mehr als Fachgespräche. Es zeigte, dass Veränderung nicht aus einem großen Wurf entsteht, sondern aus vielen kleinen, gut vernetzten Schritten – aus neuen Allianzen, klugen Ideen und einer Portion Mut, Dinge einfach auszuprobieren.

Am Ende des Tages herrschte Aufbruchsstimmung. Die Kunststoffwende, so die Erkenntnis, braucht Technik, Politik und Engagement – vor allem aber Geschichten, die Hoffnung machen und Lust auf Mitmachen erzeugen.

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Bilder © Christof Jakob