„Blaupausen reichen nicht“

Interview mit Dr. Johannes Paul, Berater in der Abteilung für Klima, Umwelt und Infrastruktur bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), über die Lage in der Entwicklungszusammenarbeit.

Was macht die GIZ zum Thema Abfall und Abfallwirtschaftssysteme?

Die Zusammenarbeit zwischen der GIZ und Ländern des globalen Südens entsteht auf Basis von Regierungsverhandlungen zwischen Entwicklungsländern und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Dabei werden Bedarfe seitens der Entwicklungsländer konkretisiert und bilaterale Programme ausgearbeitet, die in Zusammenarbeit mit der GIZ umgesetzt werden. Der Aufbau von Abfall- und Kreislaufwirtschaftssystemen spielt derzeit in circa der Hälfte aller Projektländer der GIZ eine Rolle.

Besonders in Ländern Südostasiens, aber auch in anderen Teilen der Welt wird Beratung zum Thema Abfallmanagement in Anspruch genommen. Die Arbeit der GIZ ist dabei auf Wissenstransfer ausgelegt, der sich in Technologietransfer, Stärkung von nationalen und regionalen Institutionen und die Ausbildung von Fachkräften auf der Implementierungsebene gliedert.

Welche Herausforderungen stellen sich?

Die von Partnerländern angefragten Bedarfe sind vielschichtig, einfache Lösungen gibt es nicht. Eine der größten Herausforderungen stellt eine flächendeckende Implementierung von bereits erfolgreich getesteten Maßnahmen dar. Im Besonderen der Mangel an Fachkräften schränkt eine landesweite Skalierung von erfolgreichen Modellen in vielen Fällen stark ein. Darüber hinaus verkomplizieren lokale, sozio-ökonomische Faktoren wie kulturelle Gegebenheiten oder die variierenden Entwicklungsstände in Kommunen den Aufbau von funktionierenden Abfallwirtschaftssystemen. Zu guter Letzt stellt der informelle Sektor mit seiner Komplexität eine erhebliche Barriere für eine Verbesserung der Abfallwirtschaft dar.

Wo stößt die Entwicklungszusammenarbeit an ihre Grenzen?

Auch wenn der politische Wille auf nationaler Ebene vorhanden ist, fehlt es an Expertise und Fachwissen in lokalen Institutionen. Mangelndes Umweltbewusstsein der Beteiligten erschwert die Zusammenarbeit zusätzlich. Auf kommunaler Ebene gibt es selbstverständlich einen starken Wettbewerb um finanzielle Mittel für die unterschiedlichsten Bereiche. Das Thema Abfall steht leider nicht immer ganz oben auf der politischen Agenda. Kooperationsbereitschaft bei lokalen Akteuren ist für die langfristige Etablierung von Maßnahmen unabdingbar. Hier stoßen wir manchmal an unsere Grenzen.

Welche Rolle können sektorübergreifende Initiativen wie das PREVENT Netzwerk spielen?

Sektor übergreifende Initiativen haben den Vorteil, dass sie wichtiges Know-how und Expertise zu Abfallwirtschaftssystemen gebündelt zur Verfügung stellen können. Des Weiteren nehmen Netzwerke wie PREVENT die Rolle des Innovators ein, der autarke Betreibermodelle entwirft und ergänzend dazu auch die Frage nach unternehmerischer Verantwortung und Nachhaltigkeit für Technologietransfer und Investitionen in Infrastruktur stellt. Außerdem bieten sektorübergreifende Initiativen eine Plattform für experimentellen Austausch, der helfen kann, Schwachstellen im System frühzeitig aufzudecken. So wurde im Falle eines Pilotprojektes des PREVENT Netzwerks mit internationalen Konzernen und der indonesischen Regierung zu Erweiterter Produzentenverantwortung (EPR) schnell festgestellt, dass die Erwartungen der Privatwirtschaft nicht mit dem entwickelten Rahmenplan für EPR auf Regierungsebene übereinstimmen. Die Auflösung dieser zwar nicht gewollten, aber nun relevanten Entwicklungsbarriere bietet ein gutes Beispiel für die Unterstützung durch PREVENT.

Wie muss ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen entwicklungspolitischen Akteuren wie der GIZ und lokalen Akteuren aussehen?

Es ist in jedem Fall sinnvoll, einen Mehr-Ebenen-Ansatz zu verfolgen, bei dem die Implementierung der Abfallwirtschaft lokal in den Kommunen stattfindet. Die GIZ kann Wissen vermitteln, zu nationaler Gesetzgebung und Strategien beraten, dabei helfen, Monitoringsysteme aufzubauen, und die Zivilgesellschaft und andere Netzwerke als Vermittler unterstützen und einzubeziehen.
Die Implementierung liegt aber ganz eindeutig in den Händen der lokalen Akteure, wie etwa zuständigen Ministerien, den Kommunen, der Zivilgesellschaft und Unternehmen.