Recycling-Verfahren im Überblick

Bisher waren die Rollen klar verteilt: Die chemische Industrie lieferte der Kunststoffindustrie die Neuware. Die Recyclingunternehmen sortierten und zerkleinerten gebrauchte Kunststoffartikel in mechanischen Verfahren und versorgten die Verarbeiter mit den dabei gewonnenen Rezyklaten. Mit den zunehmend praktizierten Verfahren zum chemischen Recycling betreten die Chemieunternehmen einen für sie neuen Markt. Prof. Dr. Hans-Josef Endres plädiert für einen klugen Technologie-Mix.

Dabei beansprucht die chemische Industrie für die neuen Kunststoffprodukte, die auf Basis chemischer Recyclingverfahren erzeugt werden, ebenfalls den für das mechanische Recycling verwendeten Begriff „Rezyklat“. Damit verändert sich das Marktgefüge. Chemieunternehmen treten in direkten Wettbewerb mit der traditionellen Recyclingbranche, was dort – wenig überraschend – für nicht unerhebliche Nervosität sorgt.

Es gibt eine Vielzahl verschiedener Recyclingverfahren mit unterschiedlichen Inputströmen, Zielsetzungen und Ergebnissen. Teilweise handelt es sich dabei um neue Verfahren, teilweise aber auch um alte und wiederentdeckte Technologien. Oft wird dabei vereinfacht nur vom Recycling gesprochen, obwohl die Inputströme und resultierenden Endprodukte völlig unterschiedlich sind.

Beim energetischen Recycling von Kunststoffen steht als Endprodukt die Energiegewinnung im Vordergrund. Relevante Kennwerte des Inputstroms sind dabei insbesondere der Heizwert und verbrennungstechnisch unerwünschte Bestandteile, wie Aschegehalt oder Substanzen, die zu toxischen oder korrosiven Verbrennungsprodukten führen können.

Daneben gibt es noch das sogenannte biologische oder organische Recycling. Darunter werden biologische Abbauprozesse subsummiert, die als Endprodukte Biomasse, Kohlendioxyd, Wasser oder Methan erzeugen. Im weiteren Sinne gehört auch das enzymatische Recycling zu den biologischen Verfahren. Dieses Verfahren fokussiert auf den gezielten enzymatischen Abbau einer Komponente, wie der Abbau von Baumwolle zur Rückgewinnung von Polyesterfasern aus einem Polyester-Baumwoll-Mischgewebe.

Beim chemischen Recycling stellen Substanzen zur erneuten Polymerisation das Endergebnis dar. Im Falle des mechanischen Recyclings steht als Endprodukt der ursprüngliche Kunststoff selbst im Vordergrund.

Daneben gibt es noch weitere Verfahren als Kombination verschiedener chemischer und physikalischen Prozesse, die zur Abgrenzung zum chemischen Recycling als physikalische Recyclingverfahren zusammengefasst werden sollen. Dazu gehört insbesondere das sogenannte lösemittelbasierte Recycling, bei dem bestimmte Polymere durch spezifisch wirkende Lösemittel selektiv gelöst und anschließend in mehreren Schritten aus den Lösemitteln wieder zurückgewonnen werden. Das Polymer selbst wird nur gelöst und dessen Struktur bleibt dabei erhalten.

Beim energetischen oder biologischen Recycling handelt es sich im eigentlichen Sinne nicht um Verfahren mit dem Ziel eines Stoffkreislaufs, denn nach der -Verbrennung beziehungsweise dem biologischen Abbau ist das Material für den Wertstoffkreislauf verloren. Die Bezeichnung Recycling ist daher für diese Verfahren irreführend.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den chemischen, mechanischen und physikalischen Recyclingverfahren um stoffliche Verwertungsverfahren, die weiter in eine werkstoffliche und rohstoffliche Verwertung unterteilt werden können. Da das rohstoffliche, also das chemische Recycling eine Rückgewinnung an Feedstocksubstanzen zur erneuten Polymerisation darstellt, sollte und wird es zur Abgrenzung gegenüber dem werkstofflichen Recycling als Feedstock-Recycling bezeichnet.

Bei den Inputströmen wird im Wesentlichen zwischen dem Recycling von Post-Consumer- und Pre-Consumer (Post-Industrial)-Abfällen unterschieden. Post-Consumer Abfälle beinhalten Abfälle nach der Gebrauchsphase aus Haushalten, öffentlichen, gewerblichen und industriellen Einrichtungen. Unter Pre-Consumer Abfällen werden im Wesentlichen Materialien vor der Gebrauchsphase, also Abfälle aus den Herstellprozessen des Materials und Produkts verstanden.

Grundsätzlich können die verschiedenen Recycling-Verfahren sowohl für Pre- als auch Post-Consumer-Abfälle genutzt werden, jedoch eignen sich bestimmte Verfahren unterschiedlich gut oder schlecht für bestimmte Inputströme. So setzt das biologische Recycling selbstredend die biologische Abbaubarkeit oder Verstoffwechselbarkeit voraus, während die Effizienz der lösemittelbasierten Verfahren von der grundsätzlichen Löslichkeit des fokussierten Polymers, dessen Mengenanteile und der Wirksamkeit des Lösemittels sowie der Trennbarkeit von Lösemittel und Polymer abhängt. Die thermische Verwertung wird insbesondere bei stark verunreinigten Abfällen oder auch fehlender Abfallbehandlungs- und Sortierlogistik bevorzugt.

Mechanisches Recycling

Beim mechanischen Recycling handelt es sich um eine Kombination verschiedener, mechanischer Vorbehandlungsschritte und einer anschließenden Aufbereitung und Granulierung im Extruder. Die Qualität des Produkts steigt mit einer möglichst hohen Sortenreinheit und geringem Verschmutzungsgrad des Inputs. Die Vorbehandlungsschritte Sortierung, Trennung, Waschen und Reinigung spielen eine entscheidende Rolle.

Werden beim Extrusionsprozess weitere Materialkomponenten zugegeben, wird das Granulat als Recompound oder Regenerat bezeichnet, während beim reinen Einschmelzen ohne weitere Zusätze das Granulat als Regranulat bezeichnet wird. Handelt es sich um einen reinen Zerkleinerungsprozess ohne ein Auf- oder Umschmelzen im Extruder, so wird von Mahlgut gesprochen. Die drei Endprodukte des mechanischen Recyclings – Recompound, Regranulat und Mahlgut – werden unter dem Begriff Rezyklat subsummiert.

Die einzelnen Recyclingschritte und insbesondere die verschiedenen Vorbehandlungsverfahren sowie die Aufreinigung der Schmelze und das Zugeben weiterer Materialkomponenten sollen ein Downcycling verhindern. Allgemein wird der Begriff Downcycling für eine verminderte Qualität des Rezyklates verwendet, ohne dass jedoch konkrete Werte dafür festgelegt werden. Das bedeutet, dass auch bereits eine Veränderung in der Farbe, eine nach dem Recycling nicht mehr gegebene lebensmittelrechtliche Zulassung oder veränderte Verarbeitungseigenschaften ein Downcycling darstellen.

Bei der Anlagentechnik des mechanischen Recyclings handelt es sich um technisch bekannte Verfahren. In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere die Vorbehandlungsschritte hinsichtlich der Outputquantität- und -qualität weiter optimiert und es wurden für die nachfolgende Schritte Recyclingextruder mit Durchsatzleistungen bis zu mehreren 1.000 Kilogramm pro Stunde entwickelt.

Ein wesentlicher Vorteil des mechanischen Recyclings gegenüber den anderen Recyclingverfahren sind die geringen Kosten und robusten Technologien. Aus ökologischer Sicht ist das mechanische Recycling gegenüber der Herstellung von Neuware aus Erdöl deutlich vorteilhafter, da unter geringem Einsatz von Energie und weiteren Komponenten wie Wasser, Chemikalien, Additive ein neuer, direkt gebrauchsfähiger Werkstoff entsteht. Die korrekte Berücksichtigung der möglicherweise reduzierten Leistungsfähigkeit des Materials bei der Ökobilanzierung des mechanischen Recyclings ist ein aktuelles wissenschaftliches Forschungsgebiet.

Chemisches Recycling

Beim chemischen Recycling gibt es eine Reihe von Unterverfahren, die entweder der Thermolyse oder der chemischen Depolymerisation zugeordnet werden können. Bei der Thermolyse handelt es sich um Zersetzungsreaktionen infolge von Erhitzungsvorgängen, während bei der zweiten Gruppe überwiegend chemisch induzierte Reaktionen zur Depolymerisation führen.

Alle Verfahren erfordern einen höheren Energieeinsatz zur Erzeugung der hohen Temperaturen und Drücke sowie einen Einsatz von Flüssiggas, Wasserstoff oder anderen chemischen Substanzen, um die Polymerisation rückgängig zu machen. Die resultierenden Depolymerisationsprodukte werden dann zusammen mit petrobasierten Komponenten erneut polymerisiert und zu Kunstsoffen verarbeitet. Dazu wird beispielsweise das Pyrolyseöl direkt zusammen mit petrochemischen Produkten gecrackt. Die sich daran anschließenden Schritte sind identisch zu den Prozessschritten der konventionellen Kunststofferzeugung.

Bei diesen Verfahren kann der recycelte Kohlenstoff physikalisch nicht direkt zurückverfolgt werden. Der Verarbeiter, der Material aus chemischem Recycling kauft, erhält am Ende vom Herstellen zwar eine Konformitätserklärung über den Rezyklatanteil für sein erworbenes Produkt, dies aber ohne, dass dabei zwangsläufig der recycelte Kohlenstoff selbst in seinem Produkt enthalten ist.

Die verschiedenen Prozesse des chemischen Recyclings haben einen unterschiedlichen technischen Reifegrad und befinden sich überwiegend noch in der Entwicklungs- und Skalierungsphase. Die chemischen Depolymerisationsprozesse sind im industriellen Maßstab technisch meist aufwendig. Da zudem die nachfolgende Polymerisation der gewonnenen Depolymerisationsprodukte in etablierte Prozesse und Anlagen der Kunststofferzeugung integriert wird, wird auch die zentral an den jeweiligen Chemiestandorten aufgebaute Anlagentechnik dazu genutzt.

Die am Ende mittels des chemischen Feedstockrecyclings erzielte Materialqualität entspricht der Qualität von Neuware. Mögliche organische Schadstoffe im Inputstrom werden bei den verschiedenen chemischen Prozessen abgetrennt. So entstehen bei chemischem Recycling am Ende wieder mikrobiologisch und lebensmittelrechtlich unbedenkliche Produkte.

Ein weiterer Vorteil des chemischen Recyclings ist eine geringere Anforderung an die Reinheit bzgl. des Kunststoffmixes im Inputstrom.

Bei der aufwendigen Prozess- und Anlagentechnik bestimmen die Kosten des recycelten Feedstocks gegenüber der aus Erdöl produzierter Neuware die Wirtschaftlichkeit des chemischen Recyclingverfahrens. Aufgrund des hohen Energie- und Ressourcenbedarfs ist chemisches Recycling mit nicht unerheblichen ökologischen Auswirkungen verknüpft.

Kein Entweder-Oder

Der Vergleich von mechanischem und chemischen Recycling zeigt auf beiden Seiten Vor- und Nachteile. Die chemischen Verfahren sollten insbesondere dort eingesetzt werden, wo hohe hygienische oder rechtliche Anforderungen an das Rezyklat gestellt werden oder ein mechanisches Recycling nicht möglich ist. Beide Verfahren ergänzen sich und bieten nach Auffassung des Autors das Potenzial einen substanziellen Beitrag zum Ausbau einer zukunftsfähigen Kunststoffkreislaufwirtschaft zu leisten.

 

Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres leitet das Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik an der Leibnitz Universität Hannover. Für diesen POLYPROBLEM Report hat er die unterschiedlichen Recycling-Technologien verglichen.